Das Schicksal ist ein mieser Verräter oder mein letzter Tschick

 Man höre und staune: 

Ich war mal Raucher!

Nachdem mir ja gesagt wurde, dass eventuell ein Tumor in meinem Rückenmark steckt, hab ich, dummerweise, die Entscheidung getroffen, dass ich eigentlich in Ruhe rauchen kann, weil das Leben ja eh ein Verfallsdatum hat. Nur hab ich mich da ein bisserl im Datum vertan...

Irgendwann sah ich ja dann doch ein, dass der Konsum eines Nervengiftes (Nikotin) bei einer Erkrankung des Nervensystems als eher kontraproduktiv einzustufen ist. Ich hatte damals noch nicht den Drang, intensiv an einer Verbesserung meines Gesamtzustandes zu arbeiten und so kam es mir sehr gelegen, dass ich aktiv etwas zur Verbesserung, nämlich einer Senkung der Schubwahrscheinlichkeit, beitragen kann, indem ich etwas nicht mehr mache. Kurz: Ich rauche aktiv nicht mehr!

Da ich einen guten Grund zum Aufhören hatte, ging das Ganze auch ohne Entzugserscheinungen.

Und dann, eines Tages:

In meiner Vorstellung sah ich mich eine Schachtel Zigaretten kaufen, träumte vom Zigarettenautomaten, erinnerte mich an den Geruch einer Trafik, etc...

Ich war allein zu Hause, da meine Frau in der Arbeit war und ich frei hatte. Mein Plan für den Tag sah vor, dass ich im Laufe des Tages ein schwedisches Möbelhaus aufsuchen wollte. Meine Frau war mit unserem Auto unterwegs, aber das war kein Problem, denn meine Schwägerin war auf Saisonarbeit und ließ ihr Auto daheim, bzw. lieh sie es mir dankenswerter Weise für die Zeit in der sie es nicht brauchte. 

Meine Gedanken drehten sich nur mehr ums Rauchen.

Und dann hatte ich die Idee: Ich kaufe mir ein Päckchen, dann ist der Wunsch nach dem Erwerb eines solchen befriedigt und alles ist wieder gut.

Ja genau!

Gedacht - getan!

Super! Gleich viel besser!

Ich redete mir ein, dass jetzt alles wieder gut ist und machte mich auf den Weg in Richtung schwedisches Möbelparadies. Das Päckchen lag brav auf dem Beifahrersitz (Sicherheitsgurt hab ich keinen darum gewickelt). Im Augenwinkel sah ich es die ganze Zeit da liegen.

Auf der Autobahn geschah es, dass mein Mobiltelefon läutete: Es war meine Frau. Ich schloss noch das Fenster und ging ran. 

"Hallo!"

"Das hab ich gesehen!"

"Was hast du gesehen?"

"Wie du eine Zigarette beim Fenster rausgeschnippst hast!"

...und da schmeckte ich es auf der Zunge, sah ein geöffnetes Päckchen am Beifahrersitz, fühlte mich elend, erwischt und schuldig und realisierte, was geschah: Ich hatte während der Autofahrt das Päckchen geöffnet, eine Zigarette heraus genommen und mithilfe des Anzünders, den es in diesem Auto gab, angezündet. Nach ein paar Zügen überholte mich meine Frau auf der Autobahn, da sie mit einer Kollegin zu einer Buchpräsentation unterwegs war. Unsere Wege überschnitten sich für ein paar wenige Kilometer und genau da muss dieser Zufall passieren. Ich bin froh, dass es passiert ist! Ich fühlte mich, als hätte ich einen Kübel kalten Wassers über meinen Kopf gegossen bekommen. Als ich an meinem Ziel ankam warf ich als erstes die restlichen Zigaretten weg (sehr zum Ärger der anderen Schwägerin), setzte mich auf eine Bank und sammelte meine Gedanken - und rief meinen Neurologen an. Dieser wollte mich am Abend zurückrufen.

Später, zuhause, ließ ich mich auf die Couch fallen und wartete. Meine Katzen spürten, dass etwas nicht stimmte und kuschelten sich zu mir (es sind nur zwei). Und dann kam meine Frau heim:

"Bevor du etwas sagst, warte bitte den Rückruf des Neurologen ab!"

"..."

Wir gingen dann spazieren und warteten gemeinsam und dann kam der Anruf:

Ich erzählte die ganze Geschichte und mein Neurologe lachte. "Du willst von mir eine medizinische Erklärung dafür, dass du einen Gusto auf Zigaretten hattest?" - "Äh, irgendwie schon." - "Lies dir mal die Nebenwirkungen deiner Tabletten* durch."

*Ich hatte vor einigen Tagen einen Schub der sich nach der Stoßtherapie mit Cortisoninfusionen nicht im gewünschten Ausmaß zurückbildete und bekam deshalb noch Cortisontabletten über einen längeren Zeitraum.

In der Packungsbeilage stand bei den Nebenwirkungen in der Rubrik, die ich gerne ignoriere, etwas von Zwängen, Wahnvorstellungen, Neurosen,... also genug, um Angst davor zu bekommen (was ja auch eine Nebenwirkung ist).

Das war tatsächlich die letzte Zigarette meines Lebens!

P.S.: Die Schwägerin, die böse auf mich war, weil ich die Zigeretten anstatt ihr zu schenken weggeschmissen hatte, bat ich eines Tages um eine Zigarette. Ohne zu hinterfragen gab sie mir eine. Tage später fragte sie mich unter vier Augen, ob ich sie eh nicht geraucht hätte. Nein, hab ich nicht! Lachend erzählte und zeigte ich ihr meine von Blattläusen befallenen Pflanzen am Balkon. Ich hab die Zigarette angezündet, in die Erde gesteckt und einen Plastiksack über den Topf gestülpt. Die Blattläuse fielen dann im Rauch ab, aber ich hatte immer noch welche. Da griff sie zu ihrem Päckchen und gab mir noch ein paar...

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